Deutsch Englisch Sehr Geehrte Damen Und Herren

Stell dir vor, du stehst vor einer riesigen Tür. Auf der einen Seite steht in schnörkeliger Schrift "Deutsch", auf der anderen prangt "English" in fetten Buchstaben. Und mittendrin, als Schlüsselwort, flüstert eine geheimnisvolle Phrase: "Sehr geehrte Damen und Herren." Klingt nach einem Abenteuer, oder?
Viele von uns kennen dieses "Sehr geehrte Damen und Herren" nur aus förmlichen Briefen oder E-Mails. Es ist der Platzhalter für all jene, deren Namen wir (noch) nicht kennen. Aber lass uns mal ehrlich sein, wie oft haben wir uns gefragt: Gibt es da draußen wirklich *Damen und Herren*, die sich freuen, so angesprochen zu werden? Oder rollen sie innerlich mit den Augen, wie wir manchmal, wenn wir diese Phrase lesen?
Eine formelle Umarmung
Tatsächlich ist "Sehr geehrte Damen und Herren" mehr als nur eine Floskel. Es ist eine Art formelle Umarmung, ein Zeichen des Respekts und der Höflichkeit. Stell dir vor, du bist in einer unbekannten Stadt und möchtest jemanden nach dem Weg fragen. Du könntest einfach sagen: "Ey, wo geht's hier zum Bahnhof?" Aber ein freundliches "Entschuldigen Sie, könnten Sie mir vielleicht sagen, wo der Bahnhof ist?" öffnet Türen – und zwar nicht nur im übertragenen Sinne.
Genauso funktioniert es mit "Sehr geehrte Damen und Herren". Es signalisiert: "Ich respektiere Sie, auch wenn ich Sie nicht kenne. Ich bin höflich und möchte Sie nicht vor den Kopf stoßen." In einer Welt, in der Kommunikation immer schneller und direkter wird, ist diese kleine Geste der Form manchmal genau das, was den Unterschied macht.
Aber warum Deutsch? Und warum so kompliziert?
Die deutsche Sprache hat ja den Ruf, etwas kompliziert zu sein. Lange Wörter, verschachtelte Sätze – da kann einem schon mal schwindelig werden. Und "Sehr geehrte Damen und Herren" ist da keine Ausnahme. Warum nicht einfach "Hallo, Leute"?
Nun, die deutsche Sprache legt Wert auf Präzision und Nuancen. Das "Sehr geehrte" ist mehr als nur "liebe". Es drückt eine besondere Wertschätzung aus. Und "Damen und Herren" ist bewusst gewählt, um alle Geschlechter anzusprechen. Es ist ein Versuch, inklusiv und respektvoll zu sein, auch wenn es manchmal etwas steif wirkt.
Aber genau diese Steifheit hat auch ihren Charme. Stell dir vor, Mark Twain, der große amerikanische Schriftsteller, der sich so wunderbar über die deutsche Sprache lustig gemacht hat, würde heute eine E-Mail schreiben. Würde er "Sehr geehrte Damen und Herren" verwenden? Wahrscheinlich nicht. Aber er hätte sicherlich eine urkomische Anekdote darüber geschrieben, wie sich diese Phrase anfühlt – und warum sie so typisch deutsch ist.
Die englische Perspektive: "Dear Sir or Madam"
Im Englischen gibt es eine ähnliche Formulierung: "Dear Sir or Madam". Klingt vertraut, oder? Aber auch hier gibt es feine Unterschiede. "Sir" und "Madam" sind sehr formelle Anreden, die in manchen Kontexten fast schon altmodisch wirken können. Viele bevorzugen heute geschlechtsneutrale Anreden wie "To Whom It May Concern" (An wen es betrifft) oder einfach "Dear [Abteilung/Team]".
Der Punkt ist, dass auch die englische Sprache versucht, höflich und inklusiv zu sein, aber auf eine etwas andere Art und Weise. Während "Sehr geehrte Damen und Herren" in Deutschland immer noch weit verbreitet ist, tendieren englischsprachige Kommunikatoren oft zu direkteren und weniger förmlichen Formulierungen.
"The difference between the almost right word and the right word is really a large matter—'tis the difference between the lightning-bug and the lightning." – Mark Twain
Twain hätte sicherlich auch etwas zur Wahl der richtigen Anrede zu sagen. Denn letztendlich geht es darum, die richtige Balance zwischen Höflichkeit und Authentizität zu finden.
Und was lernen wir daraus?
Vielleicht, dass "Sehr geehrte Damen und Herren" und "Dear Sir or Madam" mehr sind als nur leere Worthülsen. Sie sind ein Spiegelbild unterschiedlicher kultureller Normen und Kommunikationsstile. Sie erinnern uns daran, dass Höflichkeit und Respekt in jeder Sprache wichtig sind, auch wenn die Art und Weise, wie wir sie ausdrücken, variieren kann.
Also, das nächste Mal, wenn du diese Phrase liest, denk nicht nur an eine förmliche E-Mail. Stell dir vor, du stehst vor einer Tür, die zu einer anderen Kultur, einer anderen Art der Kommunikation führt. Und wer weiß, vielleicht entdeckst du ja sogar ein kleines Lächeln hinter dem "Sehr geehrte Damen und Herren". Denn selbst die steifste Formulierung kann ein bisschen Wärme und Menschlichkeit enthalten, wenn man genau hinsieht.
Und vielleicht, ganz vielleicht, sollten wir alle ein bisschen öfter "Sehr geehrte Damen und Herren" sagen. Einfach so. Um zu zeigen, dass wir die Menschen um uns herum wertschätzen. Auch wenn wir sie nicht kennen.

















