Forwarding Letter For Job Application

Ich erinnere mich noch genau an den Tag, als meine Tante Hildegard beschloss, sich als Astronautin zu bewerben. Hildegard, die ihr Leben lang Stricknadeln geschwungen und Apfelkuchen gebacken hatte, und deren Vorstellung von Weltraumreisen sich auf Star Trek beschränkte. Aber Hildegard hatte sich in den Kopf gesetzt, und wenn Hildegard sich etwas in den Kopf setzt… nun, dann bebt die Galaxie.

Die Stellenausschreibung der NASA, die sie in einer alten Ausgabe der Landlust gefunden hatte, war natürlich schon seit Jahren abgelaufen. Aber das hielt Hildegard nicht auf. Sie tippte, mit zwei Fingern und einer unerschütterlichen Zuversicht, ein Anschreiben, das so lang und verschlungen war, dass es fast eine eigene Umlaufbahn um den Planeten Erde hätte einnehmen können.

Das eigentliche Highlight war jedoch ihr Weiterleitungsbrief. Hildegard verstand unter einem Weiterleitungsbrief nämlich nicht etwa eine kurze, formelle E-Mail, die ihren Lebenslauf auf den Schreibtisch des zuständigen Personalers beförderte. Nein, Hildegard interpretierte das Ganze… sagen wir mal, kreativer.

Hildegards kosmische Weiterleitung

Hildegard bat nämlich jeden in ihrer Familie und im Freundeskreis, eine kurze Botschaft zu verfassen, die sie dann gemeinsam mit ihrem Lebenslauf an die NASA schicken wollte. Ihre Vorstellung war, dass ein Chor von Stimmen ihre Qualifikationen besingen und ihre Eignung für den Job hervorheben würde. Und so entstand ein Dokument, das eher einer Patchworkdecke glich als einem professionellen Anschreiben.

Da war zum Beispiel der Beitrag ihres Bruders Günther, der sich kurzfasste: „Die Hildegard kann gut Kuchen backen. Astronauten brauchen Kuchen.“ Dann war da der liebevolle Sermon ihrer besten Freundin Erna, die Hildegard als „Sonnenschein des Altersheims“ bezeichnete und hinzufügte: „Sie bringt immer so gute Laune! Und sie kann hervorragend stricken, falls im Weltraum mal ein Loch im Raumanzug geflickt werden muss.“

Meine eigene Weiterleitung bestand aus einem Gedicht über Hildegards unerschütterliche Optimismus, das ich in meiner Jugend verfasst hatte und das, rückblickend, eher peinlich als hilfreich war. Aber Hildegard liebte es. Sie sah darin den Beweis, dass sie seit meiner Kindheit eine inspirierende Figur für mich gewesen war. Und wer bin ich, ihr das zu nehmen?

Der Brief ihres Enkels Timmy, einem sechsjährigen Wirbelwind, war wohl der kurioseste. Er hatte mit Wachsmalstiften ein Raumschiff gemalt und darunter gekritzelt: „Hildegard ist stark! Sie kann Monster besiegen!“ Ich nehme an, er hatte sich von einem Zeichentrickfilm inspirieren lassen.

Die Reaktion der NASA

Wie die Geschichte ausging? Nun, die NASA hat Hildegard natürlich nicht als Astronautin eingestellt. Aber sie erhielt eine unglaublich nette Antwort von einem der Mitarbeiter, der sich die Zeit genommen hatte, jede einzelne Weiterleitung zu lesen und zu kommentieren. Er bedankte sich für die „herzerwärmende und einzigartige Bewerbung“ und betonte, dass Hildegards Optimismus und Lebensfreude eine Inspiration für das gesamte Team seien. Er schickte ihr sogar ein signiertes Foto des Hubble-Teleskops.

Hildegard war überglücklich. Sie betrachtete die Absage nicht als Niederlage, sondern als Sieg. Sie hatte die NASA zum Lächeln gebracht, und das war für sie genug.

Die Moral von der Geschichte? Vielleicht, dass man sich nicht immer an die Regeln halten muss. Vielleicht, dass ein bisschen Kreativität und Herzlichkeit oft weiterhelfen als Perfektion. Oder vielleicht einfach nur, dass man sich niemals von seinen Träumen abbringen lassen sollte, egal wie verrückt sie auch sein mögen. Und dass Apfelkuchen im Weltraum vielleicht doch keine so schlechte Idee wäre.

Ich selbst nutze Weiterleitungsbriefe heutzutage etwas konventioneller. Aber jedes Mal, wenn ich einen verfasse, denke ich an Tante Hildegard und ihren kosmischen Chor der Unterstützer. Und ich versuche, ein bisschen von ihrem Optimismus und ihrer Lebensfreude in jede Zeile zu legen. Denn wer weiß, vielleicht bringt das ja doch den entscheidenden Unterschied.

Manchmal, wenn ich nachts in den Sternenhimmel schaue, bilde ich mir ein, Hildegard im Mondlicht zu sehen, wie sie mit einer Stricknadel bewaffnet durch die Milchstraße gleitet, bereit, jedes Loch im Universum zu flicken. Und ich lächle.

Und denken Sie daran, liebe Leser: Auch Ihre Forwarding Letter kann ein bisschen Hildegard vertragen. Einfach mit ganzem Herzen schreiben.

Viel Glück bei Ihren Bewerbungen!