Extrem Laut Und Unglaublich Nah Inhaltsangabe

Jonathan Safran Foers Roman Extrem laut und unglaublich nah (Originaltitel: Extremely Loud & Incredibly Close) ist ein emotionaler und vielschichtiger Roman, der sich mit Themen wie Trauer, Verlust, Kommunikation, Familie und dem Verarbeiten von Traumata auseinandersetzt. Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Perspektive des neunjährigen Oskar Schell erzählt, dessen Vater, Thomas Schell Jr., bei den Terroranschlägen vom 11. September 2001 im World Trade Center ums Leben kam.
Die Suche nach dem Schloss
Ein Jahr nach dem Tod seines Vaters findet Oskar in dessen Nachlass einen mysteriösen Umschlag mit der Aufschrift "Black". In dem Umschlag befindet sich ein Schlüssel. Oskar ist davon überzeugt, dass der Schlüssel zu einem Schloss gehört, das ihm eine letzte Botschaft seines Vaters offenbaren wird. Er beschließt, alle 472 Menschen in New York City mit dem Nachnamen "Black" aufzusuchen, um das passende Schloss zu finden. Dies wird zu einer Art missionarischer Reise für den Jungen, eine Möglichkeit, mit seiner Trauer umzugehen und eine Verbindung zu seinem verstorbenen Vater aufrechtzuerhalten.
Oskar ist ein außergewöhnlich intelligenter und sensibler Junge. Er bezeichnet sich selbst als "Erfinder", "Pazifist", "Vegetarier" und "Französisch sprechenden Juden". Er ist mit einem ausgeprägten Sinn für Gerechtigkeit ausgestattet und versucht, die Welt um ihn herum zu verstehen und zu verbessern. Seine Suche nach dem Schloss ist nicht nur eine physische Reise, sondern auch eine innere Reise, auf der er sich mit seinen Ängsten, seiner Trauer und seiner Identität auseinandersetzt.
Auf seiner Reise trifft Oskar auf eine Vielzahl von Menschen, die ihm auf unterschiedliche Weise helfen oder ihn berühren. Einige sind freundlich und mitfühlend, andere distanziert und abweisend. Durch diese Begegnungen lernt Oskar nicht nur mehr über die "Blacks" in New York, sondern auch mehr über die menschliche Natur im Allgemeinen. Er erfährt von deren eigenen Verlusten, Trauer und Überlebensstrategien. Diese Erfahrungen helfen ihm, seine eigene Trauer zu verarbeiten und einen Weg zu finden, mit dem Verlust seines Vaters zu leben.
Die Bedeutung der Figuren
Der Roman ist reich an Nebenfiguren, die alle ihren Beitrag zur Erzählung leisten. Besonders hervorzuheben ist Oskars Großvater, Thomas Schell Senior, der eine komplexe Vergangenheit hat. Er hat den Zweiten Weltkrieg in Dresden überlebt und ist seitdem stumm. Er kommuniziert hauptsächlich durch Notizen und Gesten. Thomas Schell Senior kehrt nach Jahrzehnten der Abwesenheit nach New York zurück und zieht in die Nähe von Oskar. Die Beziehung zwischen Oskar und seinem stummen Großvater entwickelt sich langsam, aber tiefgreifend. Sie finden einen Weg, miteinander zu kommunizieren und sich gegenseitig zu unterstützen. Die Stummheit des Großvaters wird zum Symbol für die Sprachlosigkeit angesichts unvorstellbarer Traumata.
Auch Oskars Mutter, Linda Schell, spielt eine wichtige Rolle. Zunächst erscheint sie als distanzierte und überforderte Frau, doch im Laufe der Geschichte wird deutlich, dass sie ihren eigenen Weg gefunden hat, mit der Trauer um ihren Mann umzugehen. Es stellt sich heraus, dass sie Oskars Suche nach dem Schloss heimlich unterstützt und ihm geholfen hat, die "Blacks" zu kontaktieren. Sie tut dies, um ihm einen Sinn zu geben und ihm zu helfen, mit seinem Verlust fertig zu werden. Lindas Handlungen verdeutlichen die komplexe Natur der Trauer und die unterschiedlichen Wege, wie Menschen versuchen, damit umzugehen.
Weitere wichtige Figuren sind Oskars Großmutter, die eine tiefe Verbindung zu ihrem Mann hat, obwohl er sie verlassen hat, und Mr. Black, ein alter Mann, der Oskar bei seiner Suche begleitet und ihm wertvolle Lebenserfahrungen vermittelt. Jede dieser Figuren trägt dazu bei, die zentralen Themen des Romans zu beleuchten und die Komplexität menschlicher Beziehungen zu verdeutlichen.
Themen und Motive
Extrem laut und unglaublich nah behandelt eine Reihe von zentralen Themen:
- Trauer und Verlust: Der Roman untersucht die verschiedenen Phasen der Trauer und die unterschiedlichen Arten, wie Menschen mit Verlust umgehen. Oskar, seine Mutter und sein Großvater erleben alle ihre Trauer auf ihre eigene Weise.
- Kommunikation: Die Schwierigkeit, über traumatische Erfahrungen zu sprechen, ist ein wiederkehrendes Thema. Der stumme Großvater symbolisiert die Sprachlosigkeit angesichts des unvorstellbaren Leids. Oskar versucht, durch seine exzentrische Art der Kommunikation mit der Welt in Kontakt zu treten.
- Familie: Der Roman zeigt die Bedeutung von Familie und die Kraft der familiären Bindungen, auch wenn diese durch Verlust und Distanz belastet sind. Die Beziehung zwischen Oskar, seiner Mutter und seinen Großeltern entwickelt sich im Laufe der Geschichte weiter und bietet ihm Halt und Unterstützung.
- Das Verarbeiten von Trauma: Der Roman untersucht, wie Menschen mit traumatischen Ereignissen umgehen und wie diese Ereignisse ihr Leben verändern. Oskar versucht, das Trauma des 11. September zu verarbeiten, indem er nach dem Schloss sucht und sich mit seiner Vergangenheit auseinandersetzt.
- Die Suche nach Sinn: Oskar sucht nach einem Sinn im Tod seines Vaters und in der Welt um ihn herum. Seine Suche nach dem Schloss ist eine Metapher für die Suche nach Sinn und Ordnung im Chaos.
Foer verwendet verschiedene Motive, um diese Themen zu verstärken:
- Der Schlüssel: Der Schlüssel ist ein Symbol für die Hoffnung und die Möglichkeit, eine Verbindung zur Vergangenheit herzustellen. Er repräsentiert auch die Suche nach Antworten und die Sehnsucht nach einem Abschluss.
- Das Schloss: Das Schloss symbolisiert das Geheimnis und die Wahrheit, die Oskar sucht. Es steht auch für die Unzugänglichkeit der Vergangenheit und die Schwierigkeit, sie vollständig zu verstehen.
- Die Bilder: Die Bilder im Roman, insbesondere die Bilder des fallenden Mannes aus dem World Trade Center, sind eindringliche Darstellungen des Traumas und des Verlusts. Sie erinnern den Leser an die Realität der Ereignisse vom 11. September.
- Die Notizen des Großvaters: Die Notizen des Großvaters sind ein Symbol für seine Sprachlosigkeit und seine Schwierigkeit, seine Gefühle auszudrücken. Sie sind auch ein Beweis für seine Liebe und seine Bemühungen, mit Oskar zu kommunizieren.
Erzählweise und Stil
Foers Schreibstil ist ungewöhnlich und experimentell. Er verwendet verschiedene Techniken, um die Geschichte zu erzählen, darunter:
- Die Perspektive des Kindes: Die Geschichte wird hauptsächlich aus der Sicht des neunjährigen Oskar erzählt. Dies ermöglicht es dem Leser, die Ereignisse durch die Augen eines Kindes zu erleben, das die Welt auf eine einzigartige und unschuldige Weise sieht.
- Nicht-lineare Erzählweise: Die Geschichte springt zwischen verschiedenen Zeitebenen und Perspektiven hin und her. Dies spiegelt die fragmentierte Natur des Gedächtnisses und die Schwierigkeit wider, die Vergangenheit vollständig zu rekonstruieren.
- Visuelle Elemente: Foer verwendet visuelle Elemente wie Fotos, Zeichnungen und typografische Experimente, um die Geschichte zu verstärken und die Emotionen der Figuren zu verdeutlichen.
Diese experimentelle Erzählweise kann für einige Leser herausfordernd sein, aber sie trägt auch zur Einzigartigkeit und Tiefe des Romans bei. Sie spiegelt Oskars inneren Zustand wider und ermöglicht es dem Leser, sich in seine Perspektive hineinzuversetzen.
Fazit
Extrem laut und unglaublich nah ist ein bewegender und anspruchsvoller Roman, der sich mit schwierigen Themen auseinandersetzt. Er ist eine Geschichte über Trauer, Verlust, Familie und die Suche nach Sinn in einer Welt, die oft chaotisch und unverständlich erscheint. Der Roman ist nicht einfach zu lesen, aber er bietet dem Leser eine tiefe und nachhaltige Erfahrung. Er regt zum Nachdenken über die Bedeutung von Kommunikation, Empathie und Vergebung an. Er zeigt die Kraft der menschlichen Verbindung in Zeiten der Not und die Bedeutung der Erinnerung an die Vergangenheit, um die Zukunft zu gestalten. Obwohl er sich mit dem tragischen Ereignis des 11. Septembers auseinandersetzt, ist es letztendlich eine Geschichte über Hoffnung und die Fähigkeit, inmitten von Leid und Verlust einen Weg zu finden, weiterzuleben.
"Ich weiß, dass die Welt irgendwie unglaublich nah ist, aber es ist mir egal. Sie ist immer noch laut."
Dieses Zitat, das mehrfach im Buch vorkommt, fasst Oskars Gefühle zusammen. Er spürt die Nähe der Welt und der Menschen um ihn herum, aber der Lärm des Verlusts und der Trauer übertönt alles andere. Der Roman ist somit eine Suche nach Stille und Frieden in einer lauten und chaotischen Welt.

















