Kann Ich Eine Brille Von Der Steuer Absetzen

Die Frage, ob man eine Brille von der Steuer absetzen kann, beschäftigt viele Menschen. Der Wunsch, die Kosten für Sehhilfen zumindest teilweise vom Staat erstattet zu bekommen, ist verständlich, besonders angesichts steigender Gesundheitskosten. Doch die steuerliche Absetzbarkeit einer Brille ist an spezifische Voraussetzungen geknüpft und bedarf einer genauen Betrachtung der relevanten Gesetze und Urteile. In diesem Artikel wollen wir uns eingehend mit diesem Thema auseinandersetzen, die zugrunde liegenden Prinzipien erläutern und praktische Hinweise geben.
Die grundsätzliche Absetzbarkeit von Krankheitskosten
Das deutsche Steuerrecht erlaubt es grundsätzlich, außergewöhnliche Belastungen von der Steuer abzusetzen. Hierzu zählen auch Krankheitskosten. Der Hintergrundgedanke ist, dass der Staat Bürgerinnen und Bürger entlasten soll, die aufgrund unvermeidbarer Aufwendungen für ihre Gesundheit stärker belastet sind als andere. Allerdings greift diese Regelung nicht uneingeschränkt. Es gilt der Grundsatz, dass nur die Kosten absetzbar sind, die den zumutbaren Eigenanteil übersteigen. Dieser Eigenanteil ist abhängig vom Einkommen, Familienstand und der Anzahl der Kinder. Je höher das Einkommen und je geringer die Anzahl der Kinder, desto höher ist der zumutbare Eigenanteil.
Die Brille als Krankheitskosten – Eine Gratwanderung
Ob eine Brille als Krankheitskosten gilt, ist nicht per se gegeben. Entscheidend ist, ob die Brille ausschließlich zur Behandlung einer Krankheit dient. Eine normale Sehschwäche, die durch Alterungsprozesse oder genetische Veranlagung bedingt ist, reicht in der Regel nicht aus, um die Brille als Krankheitskosten geltend zu machen. Anders verhält es sich jedoch, wenn die Brille medizinisch indiziert ist. Das bedeutet, dass die Sehschwäche oder Augenerkrankung so gravierend ist, dass die Brille unbedingt notwendig ist, um die Lebensqualität nicht erheblich zu beeinträchtigen oder weitere gesundheitliche Schäden abzuwenden.
Ein Beispiel hierfür wäre eine Brille, die zur Korrektur eines Astigmatismus (einer Hornhautverkrümmung) verschrieben wurde, der zu erheblichen Beschwerden wie Kopfschmerzen und Übelkeit führt. In solchen Fällen kann die Brille als notwendige Heilbehandlung angesehen werden. Ebenso kann eine Brille, die nach einer Augenoperation zur Unterstützung des Heilungsprozesses benötigt wird, steuerlich absetzbar sein.
Der Nachweis der medizinischen Notwendigkeit
Um die Brille als Krankheitskosten geltend zu machen, ist ein ärztliches Attest unerlässlich. Dieses Attest muss eindeutig bescheinigen, dass die Brille aus medizinischen Gründen notwendig ist. Es reicht nicht aus, wenn der Arzt lediglich die Sehschwäche feststellt und eine Brille empfiehlt. Das Attest muss die spezifische Erkrankung oder den Grund für die Notwendigkeit der Brille detailliert beschreiben. Es sollte zudem darlegen, warum die Brille unerlässlich ist, um die gesundheitlichen Beeinträchtigungen zu minimieren.
Wichtig: Das Attest sollte vor dem Kauf der Brille ausgestellt werden. Dies dient als Nachweis, dass die Brille nicht aus rein ästhetischen Gründen oder zur Verbesserung des Sehvermögens im Alltag angeschafft wurde, sondern aufgrund einer medizinischen Indikation.
Rechnungen und Belege aufbewahren
Neben dem ärztlichen Attest ist es unerlässlich, alle Rechnungen und Belege im Zusammenhang mit dem Brillenkauf aufzubewahren. Diese dienen als Nachweis für die tatsächlich entstandenen Kosten. Die Rechnung sollte detailliert aufschlüsseln, welche Kosten für das Brillengestell, die Gläser und gegebenenfalls weitere Leistungen wie Anpassung oder Entspiegelung angefallen sind. Auch Kosten für die augenärztliche Untersuchung können in diesem Zusammenhang geltend gemacht werden, sofern sie im direkten Zusammenhang mit der medizinischen Notwendigkeit der Brille stehen.
Der zumutbare Eigenanteil und seine Berechnung
Wie bereits erwähnt, können nur die Krankheitskosten abgesetzt werden, die den zumutbaren Eigenanteil übersteigen. Dieser Eigenanteil wird vom Finanzamt individuell berechnet und ist abhängig vom Gesamtbetrag der Einkünfte, dem Familienstand und der Anzahl der Kinder. Die Prozentsätze für die Berechnung des zumutbaren Eigenanteils sind gesetzlich festgelegt und können sich von Jahr zu Jahr ändern. Es empfiehlt sich, die aktuellen Tabellen des Bundesfinanzministeriums zu konsultieren, um den individuellen Eigenanteil korrekt zu berechnen.
Beispiel: Eine Familie mit zwei Kindern und einem Gesamtbetrag der Einkünfte von 40.000 Euro hat einen geringeren zumutbaren Eigenanteil als ein Single mit dem gleichen Einkommen. Dies bedeutet, dass die Familie eher die Möglichkeit hat, Krankheitskosten steuerlich geltend zu machen.
Achtung: Der zumutbare Eigenanteil wird auf alle außergewöhnlichen Belastungen angewendet, nicht nur auf Krankheitskosten. Das bedeutet, dass auch andere Aufwendungen wie z.B. Unterhaltszahlungen oder Kosten für ein behindertengerechtes Fahrzeug den zumutbaren Eigenanteil beeinflussen können.
Alternativen zur direkten Absetzung als Krankheitskosten
Sollte die Brille nicht als Krankheitskosten absetzbar sein, gibt es möglicherweise andere Möglichkeiten, die Kosten steuerlich geltend zu machen. In bestimmten Fällen kann die Brille als berufsbedingte Aufwendung abgesetzt werden. Dies ist beispielsweise der Fall, wenn die Brille ausschließlich oder überwiegend im Beruf benötigt wird. Ein Beispiel hierfür wäre ein Feinmechaniker, der eine spezielle Lupenbrille benötigt, um seine Arbeit präzise ausführen zu können. In diesem Fall kann die Brille als Werbungskosten geltend gemacht werden.
Auch hier gilt, dass der berufliche Bezug der Brille eindeutig nachgewiesen werden muss. Dies kann beispielsweise durch eine Bescheinigung des Arbeitgebers oder eine detaillierte Beschreibung der beruflichen Tätigkeit erfolgen.
Fazit: Eine individuelle Prüfung ist unerlässlich
Die Frage, ob man eine Brille von der Steuer absetzen kann, lässt sich nicht pauschal beantworten. Die steuerliche Absetzbarkeit hängt von verschiedenen Faktoren ab, insbesondere von der medizinischen Notwendigkeit, dem zumutbaren Eigenanteil und gegebenenfalls dem beruflichen Bezug. Es empfiehlt sich, die individuelle Situation genau zu prüfen und im Zweifelsfall professionelle steuerliche Beratung in Anspruch zu nehmen. Ein Steuerberater kann helfen, die relevanten Gesetze und Urteile korrekt zu interpretieren und die optimalen steuerlichen Gestaltungsmöglichkeiten zu nutzen.
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die steuerliche Absetzbarkeit einer Brille eine komplexe Angelegenheit ist, die eine sorgfältige Dokumentation und eine genaue Kenntnis der steuerlichen Vorschriften erfordert. Wer jedoch die genannten Hinweise beachtet und die erforderlichen Nachweise erbringt, hat gute Chancen, die Kosten für seine Brille zumindest teilweise vom Staat erstattet zu bekommen.

















