Wie Viel Toleranz Wird Abgezogen Wenn Man Geblitzt Wird

Wenn Sie in Deutschland geblitzt werden, ist es wichtig zu verstehen, wie die Geschwindigkeitsmessungen funktionieren und wie die Toleranzgrenzen angewendet werden. Diese Toleranzen sollen Messungenauigkeiten der Geräte und geringfügige Abweichungen des Tachos ausgleichen. Dieser Artikel erklärt, wie viel Toleranz bei Geschwindigkeitsüberschreitungen abgezogen wird und was das für Ihre Strafe bedeutet.
Wie Geschwindigkeitsmessungen in Deutschland funktionieren
In Deutschland werden verschiedene Methoden zur Geschwindigkeitsmessung eingesetzt, darunter:
- Radargeräte: Diese Geräte senden Radarwellen aus, die von einem Fahrzeug reflektiert werden. Die Frequenzänderung der reflektierten Wellen wird gemessen, um die Geschwindigkeit zu bestimmen.
- Lidar (Laser): Lidar-Geräte messen die Geschwindigkeit, indem sie Laserstrahlen aussenden und die Zeit messen, die das Licht benötigt, um zum Fahrzeug und zurück zu gelangen.
- Induktionsschleifen: Diese Sensoren sind in die Fahrbahn eingelassen und messen die Zeit, die ein Fahrzeug benötigt, um zwei Schleifen zu überfahren.
- Section Control: Bei Section Control wird die Durchschnittsgeschwindigkeit eines Fahrzeugs über eine bestimmte Strecke gemessen.
- Videoüberwachung: Einige Systeme nutzen Videokameras in Kombination mit Software, um die Geschwindigkeit von Fahrzeugen zu berechnen.
Jede dieser Methoden hat ihre eigenen potenziellen Fehlerquellen. Deshalb wird bei der Auswertung der Messungen eine Toleranz abgezogen.
Die Toleranzgrenzen im Detail
Die Höhe der Toleranz, die abgezogen wird, hängt von der Messmethode und der gefahrenen Geschwindigkeit ab. Es gibt zwei Haupttypen von Toleranzen:
1. Toleranz bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h
Bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h wird in der Regel eine Toleranz von 3 km/h abgezogen. Das bedeutet, dass Sie erst dann eine Strafe erhalten, wenn die gemessene Geschwindigkeit mehr als 3 km/h über dem erlaubten Limit liegt. Beispiel: Wenn Sie in einer 50 km/h-Zone mit 53 km/h geblitzt werden, wird die gemessene Geschwindigkeit auf 50 km/h reduziert, und Sie erhalten keine Strafe (wenn keine anderen Faktoren hinzukommen, z.B. besondere Umstände, die eine höhere Strafe rechtfertigen).
2. Toleranz bei Geschwindigkeiten über 100 km/h
Bei Geschwindigkeiten über 100 km/h wird eine Toleranz von 3% der gemessenen Geschwindigkeit abgezogen. Das bedeutet, dass die Toleranz mit steigender Geschwindigkeit zunimmt. Beispiel: Wenn Sie mit 130 km/h in einer 100 km/h-Zone geblitzt werden, beträgt die Toleranz 3% von 130 km/h, also 3,9 km/h. Die gemessene Geschwindigkeit wird dann auf 126,1 km/h reduziert. Die Strafe wird auf Basis dieser korrigierten Geschwindigkeit berechnet.
Zusammenfassend:
- Geschwindigkeit unter 100 km/h: Toleranz = 3 km/h
- Geschwindigkeit über 100 km/h: Toleranz = 3%
Warum gibt es Toleranzen?
Die Toleranzen werden aus verschiedenen Gründen gewährt:
- Messungenauigkeiten der Geräte: Keine Geschwindigkeitsmessung ist perfekt. Es gibt immer eine gewisse Ungenauigkeit, die durch die Technologie und die Umgebungsbedingungen verursacht werden kann.
- Toleranz des Tachos: Der Tacho in Ihrem Fahrzeug ist ebenfalls nicht 100% genau. Er kann leicht abweichen, was zu unterschiedlichen Geschwindigkeitsanzeigen führen kann.
- Verfahrensfehler: Auch bei der Bedienung der Messgeräte können Fehler auftreten.
Die Toleranz dient also dazu, sicherzustellen, dass Verkehrsteilnehmer nicht für geringfügige Überschreitungen bestraft werden, die möglicherweise auf Messfehler zurückzuführen sind.
Wie die Toleranz Ihre Strafe beeinflusst
Die Toleranz wird vor der Berechnung Ihrer Strafe abgezogen. Das bedeutet, dass die Höhe Ihrer Strafe auf der korrigierten Geschwindigkeit basiert, nicht auf der ursprünglich gemessenen Geschwindigkeit. Dies kann einen erheblichen Unterschied machen, da die Strafen in Deutschland oft gestaffelt sind. Eine geringe Reduzierung der Geschwindigkeit durch die Toleranz kann dazu führen, dass Sie in eine niedrigere Strafkategorie fallen und somit weniger bezahlen müssen.
Beispiel:
Angenommen, Sie werden innerorts mit 71 km/h geblitzt, wo 50 km/h erlaubt sind. Die gemessene Geschwindigkeit beträgt also 21 km/h über dem Limit. Nach Abzug der Toleranz von 3 km/h beträgt die für die Strafe relevante Geschwindigkeit 68 km/h, also 18 km/h über dem Limit. Die Strafe für 18 km/h zu schnell innerorts ist geringer als die Strafe für 21 km/h zu schnell.
Wann die Toleranz keine Rolle spielt
Obwohl die Toleranz in den meisten Fällen angewendet wird, gibt es Situationen, in denen sie keine Rolle spielt oder keine Reduktion der Strafe bewirkt:
- Extrem hohe Geschwindigkeitsüberschreitungen: Wenn Sie die zulässige Höchstgeschwindigkeit deutlich überschreiten, kann die Toleranz den Unterschied zwischen einem Bußgeld und einem Fahrverbot kaum ausmachen.
- Besondere Umstände: In bestimmten Fällen, wie z.B. bei Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer oder bei Vorsatz, kann die Strafe höher ausfallen, unabhängig von der Toleranz.
- Messungen durch Polizeibeamte: Wenn die Geschwindigkeit durch Polizeibeamte direkt (z.B. durch Nachfahren) gemessen wird, kann die Anwendung der Toleranz im Ermessen des Beamten liegen, obwohl sie in der Regel angewendet wird.
Wie Sie sich im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung verhalten sollten
Wenn Sie geblitzt wurden und einen Bußgeldbescheid erhalten haben, sollten Sie folgende Punkte beachten:
- Prüfen Sie den Bußgeldbescheid sorgfältig: Achten Sie auf Fehler im Namen, der Adresse, dem Kennzeichen oder der Beschreibung des Tatorts.
- Prüfen Sie die Messmethode: Ist die Messmethode im Bußgeldbescheid angegeben? Wenn nicht, können Sie diese Information anfordern.
- Lassen Sie sich von einem Anwalt beraten: Wenn Sie Zweifel an der Richtigkeit der Messung oder der Höhe der Strafe haben, ist es ratsam, sich von einem Anwalt für Verkehrsrecht beraten zu lassen.
- Achten Sie auf die Fristen: Sie haben in der Regel zwei Wochen Zeit, um Einspruch gegen den Bußgeldbescheid einzulegen.
Zusammenfassung
Die Toleranz bei Geschwindigkeitsmessungen in Deutschland dient dazu, Messungenauigkeiten und andere potenzielle Fehlerquellen auszugleichen. Bei Geschwindigkeiten unter 100 km/h werden 3 km/h abgezogen, bei Geschwindigkeiten über 100 km/h sind es 3%. Die Toleranz wird vor der Berechnung der Strafe angewendet und kann die Höhe des Bußgeldes beeinflussen. Es ist wichtig, die Toleranzgrenzen zu kennen und im Falle einer Geschwindigkeitsüberschreitung den Bußgeldbescheid sorgfältig zu prüfen.
Disclaimer: Dieser Artikel dient nur zu Informationszwecken und stellt keine Rechtsberatung dar. Im Zweifelsfall sollten Sie sich an einen Anwalt für Verkehrsrecht wenden.

















