Was Zählt Zu Sexueller Belästigung

Sexuelle Belästigung ist ein ernstes Problem, das in vielen Lebensbereichen vorkommen kann, sei es am Arbeitsplatz, in der Öffentlichkeit oder online. Für Neuankömmlinge in Deutschland, Expats und auch Einheimische ist es wichtig, die Definitionen und Formen sexueller Belästigung zu verstehen, um sich selbst und andere schützen zu können. Dieser Artikel bietet eine klare und verständliche Übersicht darüber, was in Deutschland als sexuelle Belästigung gilt.
Was ist sexuelle Belästigung laut Gesetz?
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) in Deutschland definiert sexuelle Belästigung in § 3 Abs. 4 als:
"Eine Belästigung ist eine Benachteiligung, wenn unerwünschte Verhaltensweisen, die die Würde der betreffenden Person verletzen, bezwecken oder bewirken, eine von Einschüchterungen, Anfeindungen, Erniedrigungen oder Beleidigungen gekennzeichnete Umgebung zu schaffen, und zwar auch sexuell bestimmte Verhaltensweisen."
Das bedeutet, dass jede Art von unerwünschtem Verhalten sexueller Natur, das eine Person einschüchtert, demütigt, beleidigt oder eine feindselige Umgebung schafft, als sexuelle Belästigung gilt. Es ist wichtig zu betonen, dass es nicht darauf ankommt, ob der Täter die Absicht hatte, die Person zu belästigen, sondern wie das Verhalten beim Opfer ankommt. Das subjektive Empfinden der betroffenen Person ist entscheidend.
Die Bestandteile der Definition
Um die Definition vollständig zu verstehen, ist es hilfreich, die einzelnen Bestandteile zu betrachten:
- Unerwünschtes Verhalten: Das Verhalten muss von der betroffenen Person als unerwünscht empfunden werden. Das bedeutet, dass es ohne Zustimmung oder gegen den Willen der Person stattfindet.
- Sexuelle Natur: Das Verhalten muss sexuell bestimmt sein. Dies kann verbale, nonverbale oder physische Handlungen umfassen.
- Verletzung der Würde: Das Verhalten muss die Würde der betroffenen Person verletzen. Das bedeutet, dass es respektlos, entwürdigend oder beleidigend ist.
- Einschüchternde, feindselige, erniedrigende oder beleidigende Umgebung: Das Verhalten muss eine solche Umgebung schaffen oder dazu beitragen. Es reicht aus, wenn das Verhalten geeignet ist, eine solche Umgebung zu schaffen, auch wenn es nicht die tatsächliche Absicht des Täters war.
Formen sexueller Belästigung
Sexuelle Belästigung kann viele verschiedene Formen annehmen. Hier sind einige Beispiele:
Verbale Belästigung
Verbale Belästigung umfasst sexuell anzügliche Bemerkungen, Witze, Kommentare oder Fragen. Beispiele hierfür sind:
- Abwertende Bemerkungen über das Aussehen oder den Körper einer Person.
- Das Erzählen von sexuellen Witzen, die andere unangenehm finden.
- Direkte sexuelle Angebote oder Aufforderungen.
- Aufdringliche Fragen zum Sexualleben einer Person.
- Das Versenden von sexuell eindeutigen Nachrichten oder Bildern über soziale Medien oder E-Mail, ohne die Zustimmung des Empfängers.
Nonverbale Belästigung
Nonverbale Belästigung umfasst Gesten, Blicke oder andere Verhaltensweisen, die sexuell anzüglich sind. Beispiele hierfür sind:
- Anzügliche Blicke oder Starren.
- Das Zeigen von obszönen Bildern oder Videos.
- Pfeifen oder Zungen schnalzen in einer sexuell suggestiven Weise.
- Das Ausstellen von pornografischem Material am Arbeitsplatz.
Physische Belästigung
Physische Belästigung umfasst unerwünschte Berührungen, Umarmungen, Küsse oder andere körperliche Annäherungsversuche. Beispiele hierfür sind:
- Unerwünschtes Berühren des Körpers einer Person.
- Zwangsumarmungen oder Küsse.
- Das Blockieren des Weges einer Person.
- Sexuelle Nötigung oder Vergewaltigung. (Beachte: Sexuelle Nötigung und Vergewaltigung sind schwere Straftaten und werden strafrechtlich verfolgt.)
Cyber-Belästigung
Mit dem Aufkommen des Internets hat sich auch die sexuelle Belästigung in den virtuellen Raum verlagert. Cyber-Belästigung umfasst sexuell belästigende Nachrichten, Bilder oder Videos, die über das Internet oder soziale Medien verbreitet werden. Beispiele hierfür sind:
- Das Versenden von unerwünschten sexuellen Nachrichten oder Bildern über E-Mail, Chat oder soziale Medien.
- Das Erstellen von gefälschten Profilen auf sozialen Medien, um eine Person sexuell zu belästigen.
- Das Verbreiten von intimen Bildern oder Videos einer Person ohne deren Zustimmung (Revenge Porn).
Sexuelle Belästigung durch Machtmissbrauch
Eine besonders schwerwiegende Form der sexuellen Belästigung ist der Machtmissbrauch. Dies liegt vor, wenn eine Person in einer Machtposition ihre Position ausnutzt, um eine andere Person sexuell zu belästigen. Dies kann am Arbeitsplatz der Fall sein, wenn ein Vorgesetzter einen Untergebenen belästigt, oder in anderen Kontexten, in denen eine Person eine Autoritätsposition innehat (z.B. Lehrer/Schüler, Arzt/Patient). Die Abhängigkeit des Opfers von dem Täter erschwert die Situation zusätzlich und kann zu erheblichen psychischen Belastungen führen.
Wo kann sexuelle Belästigung stattfinden?
Sexuelle Belästigung kann überall stattfinden, wo Menschen zusammenkommen. Häufige Orte sind:
- Am Arbeitsplatz: Dies ist einer der häufigsten Orte für sexuelle Belästigung.
- In Bildungseinrichtungen: Schulen, Universitäten und andere Bildungseinrichtungen sind ebenfalls Orte, an denen sexuelle Belästigung vorkommen kann.
- In der Öffentlichkeit: Auf der Straße, in öffentlichen Verkehrsmitteln oder in anderen öffentlichen Räumen kann es zu sexueller Belästigung kommen.
- Online: Wie bereits erwähnt, kann sexuelle Belästigung auch online stattfinden, z.B. in sozialen Medien, Chatrooms oder per E-Mail.
- Im privaten Bereich: Auch im häuslichen Umfeld oder im Freundeskreis kann es zu sexueller Belästigung kommen.
Was tun bei sexueller Belästigung?
Wenn Sie selbst von sexueller Belästigung betroffen sind oder Zeuge davon werden, ist es wichtig, zu handeln. Hier sind einige Schritte, die Sie unternehmen können:
- Machen Sie deutlich, dass das Verhalten unerwünscht ist: Sagen Sie dem Täter deutlich und bestimmt, dass Sie sein Verhalten nicht tolerieren und dass er damit aufhören soll. Dokumentieren Sie diesen Vorfall (Datum, Uhrzeit, Ort, was genau gesagt oder getan wurde, Zeugen).
- Dokumentieren Sie die Vorfälle: Führen Sie ein Protokoll über alle Vorfälle von sexueller Belästigung. Notieren Sie Datum, Uhrzeit, Ort, was genau gesagt oder getan wurde und ob es Zeugen gab. Diese Dokumentation kann später als Beweismittel dienen.
- Suchen Sie Unterstützung: Sprechen Sie mit Freunden, Familie oder einer Vertrauensperson über das, was Ihnen passiert ist. Es gibt auch professionelle Beratungsstellen, die Ihnen helfen können, mit der Situation umzugehen.
- Melden Sie die Belästigung: Wenn die Belästigung am Arbeitsplatz stattfindet, informieren Sie Ihren Vorgesetzten oder die Personalabteilung. In Bildungseinrichtungen können Sie sich an die Schulleitung oder eine Vertrauensperson wenden. In schwerwiegenden Fällen können Sie auch Anzeige bei der Polizei erstatten.
- Erwägen Sie rechtliche Schritte: Sie haben das Recht, rechtliche Schritte gegen den Täter einzuleiten. Ein Anwalt kann Sie über Ihre Rechte und Möglichkeiten beraten.
Wichtige Anlaufstellen in Deutschland
In Deutschland gibt es zahlreiche Anlaufstellen, die Betroffenen von sexueller Belästigung Unterstützung anbieten:
- Hilfetelefon Gewalt gegen Frauen: 08000 116 016 (kostenlos und anonym)
- Weißer Ring e.V.: Unterstützt Opfer von Kriminalität, einschließlich sexueller Gewalt.
- Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Bietet Beratung und Unterstützung bei Diskriminierung, einschließlich sexueller Belästigung.
- Frauennotrufe und Frauenhäuser: Bieten Schutz, Beratung und Unterstützung für Frauen in Notlagen.
- Rechtsanwälte mit Spezialisierung auf Arbeitsrecht und/oder Opferrecht: Können Sie rechtlich beraten und Ihre Interessen vertreten.
Prävention sexueller Belästigung
Prävention ist der Schlüssel zur Bekämpfung sexueller Belästigung. Arbeitgeber und Bildungseinrichtungen sollten Maßnahmen ergreifen, um eine Kultur des Respekts und der Gleichberechtigung zu fördern. Dazu gehören:
- Schulungen für Mitarbeiter und Studierende: Informieren Sie über die Definition von sexueller Belästigung, die Folgen für die Betroffenen und die rechtlichen Konsequenzen für die Täter.
- Klare Richtlinien und Verfahren: Legen Sie klare Richtlinien und Verfahren für den Umgang mit sexueller Belästigung fest.
- Schaffung einer Kultur des Respekts: Fördern Sie eine Kultur, in der Respekt, Gleichberechtigung und Wertschätzung großgeschrieben werden.
- Ansprechpartner benennen: Benennen Sie Ansprechpartner, an die sich Betroffene vertrauensvoll wenden können.
Indem wir uns alle für eine Kultur des Respekts und der Gleichberechtigung einsetzen, können wir dazu beitragen, sexuelle Belästigung zu verhindern und eine sichere Umgebung für alle zu schaffen. Wissen ist Macht – je besser Sie über sexuelle Belästigung informiert sind, desto besser können Sie sich und andere schützen.



