Wie Beantragt Man Einen Erbschein

Ein Erbschein ist ein amtliches Zeugnis, das die Erbenstellung eines oder mehrerer Erben beweist. Er ist oft notwendig, um auf das Konto des Verstorbenen zuzugreifen, Immobilien umzuschreiben oder andere rechtliche Angelegenheiten im Zusammenhang mit dem Nachlass zu regeln. Dieser Artikel erklärt, wie Sie in Deutschland einen Erbschein beantragen.
Wann Benötigt Man Einen Erbschein?
Ein Erbschein ist nicht immer erforderlich. In einigen Fällen kann ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag ausreichend sein, um Ihre Erbenstellung nachzuweisen. Ob Sie einen Erbschein benötigen, hängt oft von den folgenden Faktoren ab:
- Vorhandensein eines Testaments oder Erbvertrags: Wenn ein notarielles Testament oder ein Erbvertrag vorliegt, ist ein Erbschein oft nicht notwendig. Banken und Behörden akzeptieren diese Dokumente in der Regel als ausreichenden Nachweis der Erbenstellung.
- Art des Nachlasses: Bei Immobilienbesitz ist in der Regel ein Erbschein erforderlich, um das Grundbuchamt von der Erbenstellung zu überzeugen und die Immobilie auf die Erben umzuschreiben.
- Anforderungen von Banken und Behörden: Banken und andere Institutionen können die Vorlage eines Erbscheins verlangen, um auf Konten des Verstorbenen zuzugreifen oder andere Transaktionen durchzuführen.
Klären Sie im Vorfeld mit den jeweiligen Institutionen (Banken, Grundbuchamt etc.), ob ein Erbschein tatsächlich benötigt wird, um unnötige Kosten und Aufwand zu vermeiden.
Wer Kann Einen Erbschein Beantragen?
Antragsberechtigt sind:
- Die Erben: Die gesetzlichen Erben (z.B. Kinder, Ehepartner, Eltern) oder testamentarisch bestimmte Erben.
- Der Testamentsvollstrecker: Wenn ein Testamentsvollstrecker benannt wurde, kann dieser den Erbschein beantragen, um seine Befugnisse nachzuweisen.
- Gläubiger des Erben: Unter bestimmten Umständen können auch Gläubiger des Erben einen Erbschein beantragen, um ihre Ansprüche geltend zu machen.
Mehrere Erben können einen gemeinschaftlichen Erbschein beantragen, der alle Erben und ihre jeweiligen Erbteile ausweist.
Wo Beantragt Man Einen Erbschein?
Der Erbschein wird beim zuständigen Nachlassgericht beantragt. Zuständig ist das Amtsgericht, in dessen Bezirk der Verstorbene seinen letzten Wohnsitz hatte. Wenn der Verstorbene keinen Wohnsitz in Deutschland hatte, ist das Amtsgericht zuständig, in dessen Bezirk sich der überwiegende Teil des Nachlasses befindet. Informationen zum zuständigen Nachlassgericht finden Sie online oder beim zuständigen Amtsgericht.
Wie Beantragt Man Einen Erbschein?
Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins muss persönlich beim Nachlassgericht gestellt oder notariell beglaubigt werden. Ein formloses Schreiben reicht nicht aus. Der Antrag muss bestimmte Angaben enthalten und durch entsprechende Dokumente belegt werden. Hier sind die wichtigsten Schritte:
- Vorbereitung der Unterlagen: Sammeln Sie alle erforderlichen Dokumente. Diese sind essentiell für einen reibungslosen Ablauf des Antrags.
- Ausfüllen des Antrags: Füllen Sie den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins sorgfältig aus. Dieser kann oft online auf der Website des zuständigen Nachlassgerichts heruntergeladen werden. Alternativ kann er vor Ort beim Nachlassgericht angefordert werden.
- Abgabe des Antrags: Geben Sie den Antrag persönlich beim Nachlassgericht ab oder lassen Sie ihn notariell beglaubigen und reichen Sie ihn dann beim Gericht ein.
- Eidesstattliche Versicherung: Sie müssen vor dem Nachlassgericht oder einem Notar eine eidesstattliche Versicherung abgeben, in der Sie die Richtigkeit Ihrer Angaben bestätigen.
Benötigte Unterlagen
Die folgenden Dokumente werden in der Regel für den Antrag auf Erteilung eines Erbscheins benötigt:
- Sterbeurkunde des Verstorbenen: Die Sterbeurkunde ist der offizielle Nachweis des Todes des Erblassers.
- Personalausweis oder Reisepass des Antragstellers: Zur Identifizierung des Antragstellers.
- Familienstammbuch oder Geburtsurkunden: Zum Nachweis der Verwandtschaftsverhältnisse und der Erbfolge. Dies ist besonders wichtig, wenn keine testamentarische Verfügung vorliegt.
- Heiratsurkunde (falls zutreffend): Zum Nachweis des Eheverhältnisses.
- Scheidungsurteil (falls zutreffend): Zum Nachweis, dass eine Ehe geschieden wurde.
- Testament oder Erbvertrag (falls vorhanden): Im Original oder in beglaubigter Abschrift.
- Eigene Sterbeurkunden vorverstorbener Erben: Wenn ein Erbe vor dem Erblasser verstorben ist, muss dessen Sterbeurkunde vorgelegt werden, um zu beweisen, dass er nicht mehr erben kann.
- Angaben zu den Miterben: Namen und Anschriften aller anderen Miterben.
- Ggf. Verzichtserklärungen anderer Erben: Wenn andere potentielle Erben auf ihr Erbe verzichtet haben, müssen diese Verzichtserklärungen vorgelegt werden.
- Auflistung des Nachlasses (Vermögenswerte und Schulden): Eine grobe Übersicht über die Vermögenswerte (z.B. Immobilien, Konten, Wertpapiere) und Schulden des Verstorbenen. Diese Angabe ist wichtig für die Berechnung der Gerichtsgebühren.
Wichtig: Das Nachlassgericht kann im Einzelfall weitere Dokumente anfordern. Es ist ratsam, sich vorab beim zuständigen Nachlassgericht zu erkundigen, welche Unterlagen genau benötigt werden.
Der Antrag
Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins muss folgende Angaben enthalten:
- Name, Geburtsdatum und letzte Anschrift des Verstorbenen.
- Datum und Ort des Todes des Verstorbenen.
- Angaben zur Person des Antragstellers (Name, Geburtsdatum, Anschrift).
- Grund der Erbenstellung (gesetzliche Erbfolge oder testamentarische Verfügung).
- Angaben zu den Miterben (Namen, Anschriften, Erbteile).
- Erklärung, dass keine anderen Erben bekannt sind.
- Erklärung, dass kein Rechtsstreit über das Erbrecht anhängig ist.
- Ggf. Angaben zu einem Testamentsvollstrecker.
- Die Angabe, ob und welche Verfügungen von Todes wegen (Testament, Erbvertrag) existieren.
- Die Erklärung, dass der Antragsteller die Erbschaft angenommen hat.
Der Antrag muss unterschrieben und mit dem Datum versehen sein.
Die Eidesstattliche Versicherung
Nachdem der Antrag beim Nachlassgericht eingegangen ist, werden Sie in der Regel zu einem Termin geladen, um eine eidesstattliche Versicherung abzugeben. Dabei versichern Sie unter Eid, dass die im Antrag gemachten Angaben richtig und vollständig sind. Die eidesstattliche Versicherung kann auch vor einem Notar abgegeben werden. Dies ist insbesondere dann sinnvoll, wenn Sie nicht persönlich zum Nachlassgericht gehen können oder möchten. Die Kosten für die eidesstattliche Versicherung beim Notar sind in der Regel höher als beim Nachlassgericht.
Kosten Für Den Erbschein
Die Kosten für den Erbschein setzen sich aus Gerichtsgebühren und ggf. Notarkosten zusammen. Die Höhe der Gerichtsgebühren richtet sich nach dem Wert des Nachlasses. Je höher der Nachlasswert, desto höher die Gebühren. Die genauen Gebühren können der Gebührentabelle des Gerichts- und Notarkostengesetzes (GNotKG) entnommen werden. Die Notarkosten fallen an, wenn Sie den Antrag notariell beglaubigen lassen oder die eidesstattliche Versicherung vor einem Notar abgeben.
Beispiel: Bei einem Nachlasswert von 50.000 Euro betragen die Gerichtsgebühren für den Erbschein etwa 165 Euro. Hinzu kommen ggf. Notarkosten für die Beglaubigung des Antrags und die eidesstattliche Versicherung.
Es ist ratsam, sich vorab beim Nachlassgericht oder einem Notar über die voraussichtlichen Kosten zu informieren.
Dauer Der Bearbeitung
Die Dauer der Bearbeitung des Antrags auf Erteilung eines Erbscheins kann variieren. Sie hängt von der Auslastung des Nachlassgerichts, der Vollständigkeit der Unterlagen und der Komplexität des Falles ab. In einfachen Fällen kann die Bearbeitung wenige Wochen dauern, in komplexeren Fällen kann sie mehrere Monate dauern. Es ist ratsam, sich beim zuständigen Nachlassgericht nach der voraussichtlichen Bearbeitungsdauer zu erkundigen.
Was Tun, Wenn Der Erbschein Abgelehnt Wird?
Wenn der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins abgelehnt wird, haben Sie die Möglichkeit, Beschwerde beim zuständigen Oberlandesgericht einzulegen. Die Beschwerde muss innerhalb einer bestimmten Frist (in der Regel einen Monat) nach Zustellung des Ablehnungsbescheids eingelegt werden. Es ist ratsam, sich in diesem Fall von einem Rechtsanwalt beraten zu lassen.
Zusammenfassung
Der Antrag auf Erteilung eines Erbscheins ist ein wichtiger Schritt, um Ihre Erbenstellung nachzuweisen und den Nachlass des Verstorbenen zu regeln. Es ist wichtig, sich sorgfältig vorzubereiten, alle erforderlichen Unterlagen zu sammeln und den Antrag vollständig und korrekt auszufüllen. Bei Unklarheiten oder komplexen Sachverhalten ist es ratsam, sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten zu lassen.
Hinweis: Dieser Artikel dient der allgemeinen Information und stellt keine Rechtsberatung dar. Im konkreten Einzelfall sollten Sie sich von einem Rechtsanwalt oder Notar beraten lassen.

