Wann Waren Die Nürnberger Prozesse

Die Nürnberger Prozesse, ein Meilenstein der internationalen Strafjustiz, fanden unmittelbar nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs statt. Sie waren ein Versuch, die Hauptverantwortlichen für die Gräueltaten des Nationalsozialismus zur Rechenschaft zu ziehen. Für Expats, Neuzugänge und alle, die sich für die deutsche Geschichte interessieren, ist es wichtig, die zeitlichen Rahmenbedingungen und den historischen Kontext dieser Prozesse zu verstehen.
Die Daten der Nürnberger Prozesse
Konkret fanden die Nürnberger Prozesse in folgenden Zeiträumen statt:
- Hauptkriegsverbrecherprozess: 20. November 1945 bis 1. Oktober 1946
- Nachfolgeprozesse: Dezember 1946 bis April 1949
Diese Daten umfassen die eigentlichen Gerichtsverhandlungen. Die Vorbereitungen und die Sammlung von Beweismaterial begannen jedoch bereits früher.
Der Hauptkriegsverbrecherprozess (20. November 1945 - 1. Oktober 1946)
Dieser Prozess ist der bekannteste und umfasste die Anklage gegen 24 hochrangige Nazi-Funktionäre. Er fand im Justizpalast in Nürnberg statt. Angeklagt waren unter anderem:
- Hermann Göring
- Martin Bormann (in Abwesenheit)
- Wilhelm Keitel
- Alfred Jodl
- Joachim von Ribbentrop
Die Anklagepunkte umfassten:
- Verschwörung zur Begehung von Verbrechen gegen den Frieden
- Verbrechen gegen den Frieden: Planung, Vorbereitung, Beginn oder Führung eines Angriffskrieges oder eines Krieges unter Verletzung internationaler Verträge, Abkommen oder Zusicherungen
- Kriegsverbrechen: Verletzungen der Gesetze und Gebräuche des Krieges
- Verbrechen gegen die Menschlichkeit: Mord, Ausrottung, Versklavung, Deportation und andere unmenschliche Handlungen gegen die Zivilbevölkerung, sowie Verfolgungen aus politischen, rassischen oder religiösen Gründen.
Nach monatelangen Verhandlungen wurden die Urteile am 30. September und 1. Oktober 1946 verkündet. Zwölf Angeklagte wurden zum Tode verurteilt (darunter Göring, der sich vor der Hinrichtung selbst tötete), sieben erhielten Haftstrafen und drei wurden freigesprochen.
Die Nachfolgeprozesse (Dezember 1946 - April 1949)
Nach dem Hauptkriegsverbrecherprozess folgten zwölf weitere Prozesse, die sogenannten Nachfolgeprozesse oder auch Nürnberger Militärtribunale. Diese Prozesse richteten sich gegen:
- Ärzte
- Juristen
- Militärs
- Industrielle
- Mitglieder der SS und des SD
Diese Prozesse befassten sich mit spezifischen Verbrechen, die von diesen Gruppen begangen wurden, wie z.B. medizinische Experimente an KZ-Häftlingen, die Verfolgung und Ermordung von Juden, die Planung und Durchführung von Angriffskriegen und die Ausbeutung von Zwangsarbeitern.
Einige Beispiele für die Nachfolgeprozesse sind:
- Ärzteprozess (9. Dezember 1946 – 20. August 1947): Hier wurden Ärzte und Wissenschaftler angeklagt, die an medizinischen Experimenten in Konzentrationslagern beteiligt waren.
- Juristenprozess (7. Januar 1947 – 4. Dezember 1947): Hier wurden Juristen und Richter angeklagt, die an der Ausarbeitung und Durchsetzung von Nazi-Gesetzen beteiligt waren.
- IG-Farben-Prozess (27. August 1947 – 30. Juli 1948): Hier wurden Manager des Chemiekonzerns IG Farben angeklagt, der an der Produktion von Zyklon B beteiligt war, das in den Gaskammern von Auschwitz eingesetzt wurde.
- Einsatzgruppen-Prozess (29. September 1947 – 10. April 1948): Hier wurden Führer der Einsatzgruppen angeklagt, die für die Massenmorde an Juden, Sinti und Roma sowie anderen Gruppen in den besetzten Gebieten verantwortlich waren.
Die Nachfolgeprozesse dauerten länger als der Hauptkriegsverbrecherprozess und führten ebenfalls zu zahlreichen Verurteilungen, aber auch zu Freisprüchen.
Warum fanden die Nürnberger Prozesse gerade in Nürnberg statt?
Die Wahl von Nürnberg als Austragungsort für die Prozesse hatte mehrere Gründe:
- Symbolik: Nürnberg war die Stadt, in der die Nationalsozialisten ihre Reichsparteitage abhielten. Die Prozesse sollten ein symbolischer Akt der Gerechtigkeit an dem Ort sein, an dem die NS-Ideologie ihren Höhepunkt erreicht hatte.
- Infrastruktur: Der Justizpalast in Nürnberg war relativ unbeschädigt und bot die notwendige Infrastruktur für einen solch komplexen Prozess.
- Geographische Lage: Nürnberg lag in der amerikanischen Besatzungszone, was die Durchführung des Prozesses durch die alliierten Mächte erleichterte.
Bedeutung und Auswirkungen der Nürnberger Prozesse
Die Nürnberger Prozesse hatten weitreichende Bedeutung und Auswirkungen:
- Grundlage des Völkerstrafrechts: Sie legten den Grundstein für das moderne Völkerstrafrecht und die Verfolgung von Kriegsverbrechen, Verbrechen gegen den Frieden und Verbrechen gegen die Menschlichkeit.
- Individuelle Verantwortung: Sie etablierten das Prinzip der individuellen strafrechtlichen Verantwortung für Völkerrechtsverbrechen. Dies bedeutete, dass Einzelpersonen, auch wenn sie im Auftrag eines Staates handelten, für ihre Taten zur Rechenschaft gezogen werden konnten.
- Historische Aufarbeitung: Sie trugen zur Aufarbeitung der NS-Verbrechen bei und schufen ein historisches Dokument der Gräueltaten des Nationalsozialismus. Die während der Prozesse vorgelegten Beweise und Zeugenaussagen halfen, das Ausmaß der Verbrechen zu dokumentieren und zu verstehen.
- Vorbild für internationale Gerichtshöfe: Sie dienten als Vorbild für spätere internationale Gerichtshöfe, wie den Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag.
Die Nürnberger Prozesse waren nicht unumstritten. Kritiker bemängelten unter anderem die rückwirkende Anwendung von Gesetzen und die Zusammensetzung der Richterbank, die ausschließlich aus Vertretern der Siegermächte bestand. Dennoch gelten sie als ein wichtiger Schritt zur Schaffung einer internationalen Rechtsordnung und zur Verhinderung von Völkermord und anderen schweren Menschenrechtsverletzungen.
Für Expats und Neuzugänge in Deutschland ist das Wissen um die Nürnberger Prozesse essentiell, um die deutsche Geschichte und die Auseinandersetzung mit der NS-Zeit zu verstehen. Sie sind ein wichtiger Bestandteil der deutschen Erinnerungskultur und tragen dazu bei, dass sich solche Verbrechen nicht wiederholen.
Wo kann man mehr erfahren?
Es gibt zahlreiche Ressourcen, um mehr über die Nürnberger Prozesse zu erfahren:
- Memorium Nürnberger Prozesse: Das Memorium im Justizpalast in Nürnberg bietet eine umfassende Ausstellung über die Prozesse.
- Online-Archive: Zahlreiche Online-Archive, wie das des United States Holocaust Memorial Museum, bieten Zugang zu Dokumenten, Fotos und Videos der Prozesse.
- Bücher und Dokumentationen: Es gibt eine Vielzahl von Büchern und Dokumentationen über die Nürnberger Prozesse, die verschiedene Aspekte der Prozesse beleuchten.
- Universitäten und Forschungseinrichtungen: Viele Universitäten und Forschungseinrichtungen bieten Kurse und Forschungsprojekte zu den Nürnberger Prozessen an.
Die Auseinandersetzung mit den Nürnberger Prozessen ist nicht nur historisch relevant, sondern auch für die Gegenwart von Bedeutung. Sie erinnern uns daran, dass Menschenrechte und die Rechtsstaatlichkeit verteidigt werden müssen und dass Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit niemals ungesühnt bleiben dürfen.
Die Nürnberger Prozesse waren ein Wendepunkt in der Geschichte der internationalen Gerechtigkeit und ein Mahnmal für die Gräueltaten des Nationalsozialismus. Es ist unsere Verantwortung, diese Geschichte zu kennen und daraus zu lernen.
![Wann Waren Die Nürnberger Prozesse Sonja Heiss [Interview] | Film-Rezensionen.de](https://www.glockengiesserstrasse.info/storage/img/sonja-heiss-interview-film-rezensionende-686366eebc467.jpg)
